Something Just Like This

Wellenartig ergreift mich die Angst. Je länger ich im Griff des Fremden bin, umso größer wird die Panik in mir. Ich rechne nicht damit, dass ich lebend aus dieser Situation komme.
Daher gilt mein vermutlich letzter Gedanke ihm: Die Liebe meines Lebens, die ich noch vor ungefähr einer Stunde angebrüllt habe.


Gut gelaunt und irgendeine Melodie vor mir herpfeifend gehe ich durch die Straßen Queens. Mein Ziel ist das Haus meines besten Freundes Peter Parker


Obwohl ich schon seit langer Zeit stärkere Gefühle als Freundschaft für ihn hege, will ich das, was wir haben, nicht aufs Spiel setzen. Außerdem habe ich große Angst vor einer Abfuhr.


Als ich nach einiger Zeit das Wohnhaus meines Freundes erreicht habe, betätige ich die Klingel in der Erwartung, dass er auch die Türe öffnet. Doch stattdessen steht seine Tante May vor mir.


Diese begrüßt mich strahlend: "Hallo Charlotte, wie geht es dir? Ach, komm erstmal rein. Peter müsste eigentlich in seinem Zimmer sein." Lächelnd erwidere ich den Gruß, komme ihrer Aufforderung nach und erzähle ihr von meinem Befinden und erkundige mich nach ihrem. Nachdem diese Obligationen abgeschlossen sind, laufe ich schnurstracks in das Zimmer meines Schwarms.


In diesem Moment denke ich an nichts böses. Ich freue mich bloß meinen Kumpel wieder zu sehen.


Aber als ich die Tür öffne, traue ich meinen Augen nicht.
Ich meine, wie würdet ihr reagieren, wenn euer engster Freund in einem bekannten Superhelden-Anzug vor euch steht? Geschockt? Sprachlos? Wütend?


Naja, während Peter versucht irgendeine Erklärung zu finden, weshalb er im Spider-Man-Strampler angezogen ist, schließe ich die Zimmertür, damit Mrs Parker nichts davon erfährt. Wenn ich schon nichts wusste, weiß sie noch weniger davon.


Ich unterbreche den stotternden Jungen mit einem einfachen Handzeichen, bevor ich selber anfange zu reden. Und das mit einem wütendem Unterton in der Stimme: "Peter Benjamin Parker! Ich weiß nicht was ich sagen soll. Wenn ich bis jetzt alles richtig deute, riskierst du jeden Tag aufs Neue dein Leben, ohne das irgendwer davon nur den Hauch einer Ahnung hat."


In diesem Moment überkommt mich ein fürchterlicher Gedanke. Peter scheint diesen erahnen zu können, aber ich lasse ihn nicht zu Wort kommen.


"Was ist wenn ich eines Tages aus heiterem Himmel die Nachricht erhalte, dass du... du.. du deinem Onkel und meiner Mutter in das Reich von Hades gefolgt bist." Mit Tränen in den Augen sage ich zu dem Braunhaarigen: "Peter, ich kann einen weiteren Verlust nicht ertragen. Vor allem nicht, wenn es deiner ist."


Mit diesen Worten stürme ich aus dem Apartment der Parkers hinaus in die kühle Luft Queens'. Blind durch die Tränen irre ich durch die Straßen und Gassen, ohne jegliche Orientierung oder ein Ziel. Dabei bemerke ich auch nicht die Person, die mir seit verlassen des Gebäudes folgt.


Bis plötzlich eine Hand meinen Mund bedeckt und etwas Scharfes an meinem Hals drückt. Der Typ flüstert irgendetwas von ruhig bleiben und zieht mich in eine Gasse. Das Messer, das der scharfe Gegenstand ist, bleibt nach wie vor an meiner Kehle und kann diese mit einer kleinen Bewegung aufschlitzen.


Und diese Situation, meine Damen und Herren, ist verdammt schlechte Ironie des Schicksals. Nun bin ich an einem Punkt, an dem ich wahrscheinlich draufgehen werde und nicht Peter. Das ist sehr ekelhaftes Karma. 


Auf die Worte des Fremden achte ich nicht wirklich. Zum einem, weil ich die Panik in  mir erstmal zügeln muss und zum anderen sind diese Drohungen und dieses Geschwafel nicht wichtig in Betracht meines verfrühten Todes. So gilt mein wahrscheinlich letzter Gedanke Peter, die frigging Liebe meines zu kurzem Lebens.


"Mal schauen wie der Spinnenjunge reagieren wird, wenn ich seine kleine Maus umgebracht habe. Eigentlich ist es schade ein so heißes Mädchen wie dich abzumurksen. Aber was tut man nicht alles für Rache."


Bevor der ekelerregende Stinker seine Drohung in die Tat umsetzen kann, spüre ich etwas Klebriges, was das Messer an meiner Kehle, berührt. Durch einen heftigen Ruck wird es dem Fremden aus der Hand gerissen.


"Hey!" ruft eine mir sehr bekannte Jungenstimme, "Haben dir deine Eltern nicht beigebracht, dass man hübsche Damen abends nicht in eine Gasse zieht und daraufhin bedroht?" Da der Mann abgelenkt ist, nutze ich die Gelegenheit und ramme meinen Ellbogen in seine Rippen. Danach beiße ich in seine Hand. Ew.


Durch den plötzlichen Angriff lockert er den Griff, weshalb ich mich losreißen kann. In diesem Moment sehe ich wie Spider-Man den Typen an die Wand einen Meter über den Boden spinnt. Daraufhin meint er trocken: "Du kannst ja hier so lange abhängen bis die Polizei dich von der Wand kratzt."


Nachdem er mich schnappte, schwingen wir durch New York. Meine Schreie müssten eigentlich für jeden einzelnen Einwohner evident sein.


So stehen wir wenig später auf dem Dach des Stark-Towers. Dort zieht Peter seine Maske ab und sucht mich panisch nach äußeren Verletzungen ab. "Ist dir irgendetwas passiert, Charlie?", fragt er sorgend und untersucht meinen Körper weiter.


"Hey, ganz ruhig. Mir geht es gut", versuche ich meinen Freund zu beruhigen. Dieser zieht mich in eine Umarmung und sagt: "Es tut mir so so leid. Ich dachte, wenn du von Spider-man nichts weißt, dann bust du sicher. Ich will New York doch nur für dich und meine Tante beschützen. Ich wollte doch nur dein Held sein."


Wieder bilden sich Tränen in meinen Augen, doch diesmal stammen sie von meiner Rührung.


"Ach Peter, ich brauche keinen Menschen rettenden Helden. Ich brauche jemanden, an den ich mich immer wenden kann. Der mich auffängt und wieder aufbaut. Ich brauche jemanden", ich atme einmal tief durch, bevor ich meinen Satz beende, "Ich brauche jemanden, den ich küssen kann."


Ehe ich auch nur den Hauch einer Chance habe zu verstehen, was vor sich geht, liegen Peters Lippen auf meinen. Nach einem emotionalen Kuss, in dem jeder seine Freude und Ängste zum Ausdruck bringen konnte, lösen wir uns atemlos von einander. Stirn an Stirn sehen wir da, umarmend mitten in der Nacht auf dem Stark-Tower. 


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Dieser Oneshot liegt hier schon 'n halbes Jahr rum und gammelt vor sich rum. Habt viel Spaß damit!

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