Kapitel 5

Wir gehen zusammen an die Essenstheke und holen uns was, aber dann kommt von Nico ein Vorschlag, den ich von ihm am wenigsten erwartet hätte.
„Hey, ich hab gesehen, wie voll der Essensraum ist, wollen wir uns die Sachen einfach mitnehmen? Dann sind wir auch schneller an unserem Ziel!“
Eigentlich war es keine schlechte Idee, doch was mich daran störte war, dass sie von Nico kam. Nico ist ein sehr gelassener Mensch, den die Zeit nicht stört, denn ein Zeitgefühl hat er nicht wirklich. Es war irgendwie komisch.
Aber wir nahmen unsere Sachen, bezahlten sie und gingen wieder in die Autos. Ich weiß noch nicht ganz damit umzugehen, dass wir jetzt zwei verliebte Pärchen sind, die zusammen in den Norden in den Urlaub fahren. Denn war es nicht eigentlich so, dass man einzeln fährt? Aber es sind keine Flitterwochen, also geht das klar, hoffentlich auch gut.
Wir setzen uns alle wieder in die Autos, in der Personenkombination wie vorher auch und weiter geht die Fahrt. Die ganze Zeit lang hat es mich nicht interessiert, wo wir gerade sind, wie weit es noch ist und wie lange wir auch eigentlich schon gefahren sind. Ein Grund dafür war, dass ich geschlafen habe und ich mit Gedanken ganz woanders war. Außerdem war ich mit mir selbst beschäftigt, dachte über mich selbst nach. Im Großen und Ganzen kann ich aber behaupten, dass ab jetzt mein Leben einen Sinn ergeben hatte. Ich frage mich nur, wieso kommt es erst jetzt dieses Gefühl? Wieso erst dann wenn ich einen Freund habe? Wieso kann man das Leben nicht mal ohne Partner richtig genießen, als kleines Kind hatte man ja auch nur Freunde und keinen festen Partner. Manchmal verstehe ich dieses Leben nicht. Aber mein Prinz Charming, der bei allen Märchen und Geschichten immer auf einen weißen Schimmel zu seiner Prinzessin angeritten kommt, hatte leider kein Geld für ein Pferd, deshalb nahm er eine Schildkröte, was erklärt warum er so lange gebraucht hat.
Wir waren schon seit einigen Minuten wieder auf der Autobahn und Alex und Nico rasten über sie drüber, da gerade Mittagszeit war und nicht viel los war, gefährdeten sie auch niemanden.
„Wieso ist hier eigentlich so ein Schweigen? Wir sind zu zweit im Auto und keiner redet?“
Mir schossen meine Gedanken einfach aus dem Kopf heraus. Alex schaute zu mir rüber und lächelte mich an und antwortet mir.
„Du warst am Schlafen, hast dir Gedanken über deine beste Freundin und meinen besten Freund gemacht und du warst in deinen eigenen Gedanken versunken, wieso solltest du denn deine Gedanken unterbrechen und wieso sollte ich dich denn unterbrechen, wenn du bei dem ganzen Nachdenken auch noch so süß aussiehst?“ Mhhh, stimmt.
„Ja, ok da hast du Recht. Aber jetzt bin ich fertig damit, ich hoffe du auch, also können wir uns ja mal über unsere Gedanken austauschen wenn du willst.“ Und wehe er sagt nein, weil es ihm zu persönlich ist.
„Ja klar, wer fängt an mit Fragen? Ich finde es irgendwie blöd von sich aus zu erzählen, da fällt mir nie so viel ein.“ Okay, kenn ich.
„Dann frage ich dich als erstes. Also mein Lieber, über was hast du dir denn den Kopf zerbrochen?“ Ich schaute ihn herausfordernd an und erwarte eine ordentliche Antwort.
„Ich muss gestehen, dass ich dich erstmals beobachtet habe beim Schlafen und ich einfach nur glücklich bin dich mein Mädchen nennen zu dürfen. Du hattest ziemlich lange geschlafen, deshalb blieb mir sehr viel Zeit nachzudenken, warum ich mich erst distanzieren musste, um zu merken, dass ich dich liebe. Mir war es bis dahin noch nicht klar. Als du dann wach warst, habe ich mir den Kopf darüber zerbrochen über was du nachdenkst und wie du über mich denkst. Stell mir eine weitere Frage.“
Oha, okay. Wie süß ich mochte jede Sekunde, die ich ihn liebte. Aber er sagte alles so, dass ich genau wusste, was ich noch fragen will.
„Warum hast du es denn erst rausbekommen, als du von mir Abstand hattest?“

Das war so wirklich die Frage, die mich am meisten interessierte.

„Ich wusste, dass diese Frage noch von dir kommt. Also weißt du, ich wusste, dass in meinem Leben noch etwas fehlt. Und wie bekommt man am besten raus, was dir fehlt oder was man ändern muss, damit du zufrieden bist? Du merkst erst wie wichtig dir eine Sache ist, wenn du sie nicht mehr hast. Also distanzierte ich mich von vielen Sachen und Personen, unteranderen von dir. Für mich war es sehr schwer ohne dich zu leben, also wusste ich sofort du musst damit was zu tun haben, also habe ich intensiver darüber nachgedacht und kam zum Entschluss, dass ich dich liebe. Verstehst du? Solche Erkenntnisse helfen mir unglaublich weiter, ich könnte ein ganzes Buch über Weisheiten schreiben, die mir geholfen haben.“ Ok, er hat recht, er hatte ziemlich lange Abstand von mir, aber wenn das jetzt der Grund ist, warum ich so unglaublich glücklich bin, ist es mir egal.

„Wow, okay eine weitere Frage von mir ist noch, was hast du denn gedacht, was ich denke während ich meinen Gedanken nachgehangen hab?“

Auf diese Antwort war ich jetzt mal gespannt.

„Also du sahst von außen her sehr zufrieden aus, deshalb habe ich mir gedacht du musst wohl an was denk, was dich unglaublich glücklich macht. Ich hoffte und hoffe auch noch immer noch, dass du an mich gedacht hast. Dann habe ich mir überlegt, an was du denkst, wenn du an mich denkst. Diese Vorstellung konnte ich leider nicht zu Ende bringen, da ich keine Ahnung habe wie und was du von mir hälst bzw. denkst. Also normalerweise liebt man seinen Freund, deshalb gehe ich davon aus, dass du nur Gutes über mich denkst. Natürlich gibt es Sachen, die nicht so toll an mir sind, aber ich hoffe trotzdem das die Guten mit Abstand die Mehrheit haben.“

Nach diesem Gespräch schaute ich auf das Navigationssystem und es hat mir verraten, dass wir nur noch eine Stunde bis zum Ziel haben. Ich war nachdem was mir Alex erzählt hatte etwas verwundert auch von mir selbst. Denn Alex und ich waren wie zwei Fremde, die sich erstmal kennen lernen mussten. In gewisser Weise mussten wir das irgendwie auch, denn noch nie zu vor hatten wir eine Beziehung. Ich hoffe sehr, dass wir das meistern sowie alles andere in den Jahren, in denen wir schon befreundet waren.

Nach einer kurzen Pause zum Nachdenken, fragte er mich schließlich aus und ich erzählte ihn offen und ehrlich all meine Gedanken. Als ich ihm erzählte wie glücklich ich mit ihm sei, fing er an zu lächeln. Ich freue mich richtig auf diesen Urlaub, je nachdem wie es auch bei den anderen läuft, könnten wir uns tagsüber aufteilen. Aber erstmals denke ich, dass wir die ersten zwei Tage alle was zusammen unternehmen werden.

Auf der einen Seite habe ich schreckliche Angst, dass das alles hier ein schöner Albtraum ist, wo ich irgendwann aufwache und mir einfach nur wünsche es wäre alles so passiert, deshalb werde ich mir mit meiner Kamera viele Momente festhalten, weil man so viele einfach vergisst. Und wenn mein Leben irgendwann mal wieder grau, weiß und schwarz sein sollte, also einfach gar nicht mehr bunt, kann ich mir somit meine Lebensfreude wieder zurückholen. Es ist manchmal so einfach alles wieder zurück zu bekommen, aber und das ist eigentlich das schwerste daran, man muss es zu lassen. Man darf sich nicht in seiner grauen Wolke weiter verstecken, sondern rauskommen und das Leben und die Sonne genießen. Es gibt zwei Tage an denen du nichts ändern kannst, das ist gestern und das ist Morgen, denn man muss im Jetzt leben. Es kommt immer wieder auf die Situationen an, die man durchlebt, aber gebe niemals auf.

Diese Motivation hat mir vor einiger Zeit mal ein sehr guter Freund gesagt, als ich selbst in so einem Tief war. Er hatte immer diese Worte bei sich, die einen aufbauen, auch mich. Manchmal gibt dir das Leben Zitronen aber dann mach Limonade draus.

Alex guckt mich an und reißt mich aus meiner Vergangenheit.

„Isa, weißt du was? Wir brauchen nur noch 20 Minuten bis wir an unserem Ziel sind.“ Ich fange an zu lächeln, weil ab jetzt geht das Abenteurer los!

Ich gucke aus dem Fenster, und danach blicke ich zu Alex rüber. Er ist so konzentriert auf das Autofahren, dass er es nicht bemerkt, wie ich ihn anstarre. Ich löse meinen Blick von ihm und schaue wieder raus. Und das erste Mal in meinem Leben erblicke ich das Meer, ich freue mich gerade so sehr. Ich schreie leise auf, jetzt schaut Alex zu mir rüber. Er lacht. „Freust du dich so sehr auf diesen Urlaub?“

„Ja, vor allem ich habe noch nie das Meer gesehen. Ich konnte mir nie den Horizont vorstellen, ich konnte mir nie was darunter vorstellen einfach so weit raus zu gucken und in der Ferne seinen Blick zu verlieren. Ich wünsche mir so sehr, einmal einen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang mit dir am Meer erleben zu dürfen. Ich lese es so oft in Büchern, kann mir aber diesen Anblick nicht vorstellen. Würdest du es mit mir machen?“

Alex sah mich verdattert an.

„Da fragst du noch? Es ist einer der romantischsten Momente, die ich mit dir hier erleben will!“

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